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Ziel des Programms
Das Ausbildungsprogramm qualifiziert Fachkräfte, die in ihrer beruflichen Praxis mit traumatisierten Personen arbeiten. Die Teilnehmer*innen erwerben vertiefte Kenntnisse über Traumapädagogik und traumazentrierte Fachberatungsowie praxisorientierte Methoden, die in verschiedenen Arbeitsfeldern direkt anwendbar sind.
Zielgruppe
Das Programm richtet sich an Fachkräfte aus unterschiedlichen Berufsfeldern:
- Pädagogische Fachkräfte: Erzieher*innen, Heilerzieher*innen, Heilerziehungspfleger*innen, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen
- Psychologische und psychotherapeutische Fachkräfte
- Medizinische Fachkräfte
- Beratende Berufe
- Andere Berufsgruppen, die regelmäßig mit traumatisierten Personen arbeiten
Voraussetzungen
- Abgeschlossene Berufsausbildung oder Studium in einem relevanten Bereich
- Mindestens drei Jahre Berufserfahrung im relevanten Berufsfeld (Praktika und Anerkennungsjahre können angerechnet werden)
Supervision, Fallarbeit und Kolloquium
- Supervision:
Die verpflichtende Supervision umfasst insgesamt 30 Unterrichtseinheiten und findet in Kleingruppen bei erfahrenen, vom HIGW anerkannten Supervisor*innen statt. - Fallarbeit:
Für den Erwerb des Zertifikats ist eine Fallarbeit von ca. 10 Seiten erforderlich, in der die theoretischen Kenntnisse auf ein Praxisbeispiel angewendet werden. - Kolloquium:
Im abschließenden Gruppen-Kolloquium wird die Fallarbeit präsentiert und das erworbene Wissen sowie dessen praktische Umsetzung geprüft.
Struktur der Weiterbildung
Modul 1: Grundlagen der Psychotraumatologie
Im ersten Modul werden die Grundlagen der Psychotraumatologie vermittelt, um ein fundiertes Verständnis für die Entstehung und Auswirkungen von Traumafolgen zu schaffen. Die Teilnehmer*innen lernen zentrale Definitionen, Klassifikationen und neurobiologische Mechanismen kennen, die bei der Arbeit mit traumatisierten Personen relevant sind. Zudem werden verschiedene Diagnostikverfahren sowie ein Überblick über die wichtigsten Behandlungsmodelle vorgestellt.
Inhalte:
- Definitionen und Klassifikationen von Trauma: Was ist ein Trauma, und wie wird es in der Fachwelt definiert?
- Neurobiologische, neurophysiologische und neuroanatomische Grundlagen: Verständnis der körperlichen und neurologischen Reaktionen auf traumatische Ereignisse
- Traumafolgestörungen: Erkennen und Einordnen von PTBS, komplexer PTBS, dissoziativen Störungen und Somatisierungen
- Diagnoseinstrumente und -verfahren: Einführung in praxisrelevante diagnostische Methoden
- Geschichte der Traumatherapie: Entwicklung der Traumatherapie im historischen Kontext
- Gestalttherapeutische Wurzeln der Traumatherapie: Verbindung von gestalttherapeutischen Ansätzen mit der modernen Traumatherapie
- Überblick über Phasenmodelle, Konzepte und Verfahren in der Traumabehandlung: Einführung in bewährte Konzepte der Traumabehandlung, um den therapeutischen Prozess sinnvoll zu strukturieren
Modul 2: Ressourcen und Sicherheit – Traumasensible Haltung entwickeln
Das zweite Modul legt den Schwerpunkt auf den Aufbau von Ressourcen, die Herstellung von Sicherheit und die Entwicklung einer traumasensiblen Haltung. Die Teilnehmer*innen erlernen ressourcenorientierte Gesprächsführung und Stabilisierungstechniken, um traumatisierte Personen zu unterstützen. Dabei wird ein besonderer Fokus auf die Gestaltung stabiler Umgebungen, die Einbeziehung kreativer Medien und das Berücksichtigen gender- sowie kulturspezifischer Aspekte gelegt.
Inhalte:
- Ressourcenblick und Ressourcenbarometer: Methoden zur Identifikation und Stärkung vorhandener Ressourcen
- Ressourcenorientierte und traumazentrierte Gesprächsführung: Techniken, um das Vertrauen der Klient*innen zu fördern und den therapeutischen Prozess sicher zu gestalten
- Herstellung von objektiver und subjektiver Sicherheit: Aufbau eines sicheren Rahmens im therapeutischen Setting
- Stabilisierung und Normalisierungsinterventionen: Maßnahmen zur Förderung der emotionalen und psychischen Stabilität
- Stabilisierung des Feldes: Unterstützung in den Lebensumständen der Klient*innen, z. B. Selbstversorgung, soziale und finanzielle Sicherheit, Einbeziehung des Hilfesystems sowie Unterbrechung von Täterkontakten
- Stärkung der Ich-Funktionen: Förderung der Selbstermächtigung und des Selbstvertrauens
- Dissoziationsstopp: Techniken zur Unterbrechung dissoziativer Zustände
- Kreative Medien und Musik: Einsatz kreativer Methoden zur Förderung von Ausdruck und Verarbeitung
- Gestaltung traumasensibler Umgebungen: Schaffung eines sicheren und unterstützenden Umfeldes für die Klient*innen
- Gender- und kulturspezifische Aspekte: Sensibilisierung für unterschiedliche kulturelle Hintergründe und geschlechtsspezifische Themen
- Überblick über juristische Bestimmungen: Einführung in rechtliche Grundlagen im Umgang mit traumatisierten Personen
Modul 3: Hirnbiologische Grundlagen und Anwendung der Polyvagaltheorie
Im dritten Modul stehen die hirnbiologischen Grundlagen traumatischer Prozesse sowie die Polyvagaltheorie und ihre praktische Anwendung im Mittelpunkt. Die Teilnehmer*innen erlernen körperorientierte Methoden zur Spannungsregulation, Achtsamkeit und Selbstregulation. Ziel ist es, das Verständnis der biologischen Mechanismen hinter Traumadynamiken zu vertiefen und entsprechende Interventionen sicher anzuwenden.
Inhalte:
- Hirnbiologische Erklärungsmodelle: Verständnis der neuronalen und physiologischen Reaktionen auf traumatische Ereignisse
- Polyvagaltheorie und ihre gestalttherapeutische Anwendung: Einführung in die Theorie des autonomen Nervensystems und ihre praktische Nutzung zur Förderung von Sicherheit und sozialem Kontakt
- Spannungsregulation und Traumadynamiken: Erkennen und Verstehen von körperlichen Spannungszuständen und deren Einfluss auf das Verhalten traumatisierter Personen
- Körpertherapeutische Methoden: Praktische Übungen zur Spannungsreduktion und Förderung der Körperwahrnehmung
- Awareness und Achtsamkeit: Methoden zur Förderung von Selbstwahrnehmung und bewusster Integration körperlicher Empfindungen
- Körperintegration und Selbstregulation: Techniken, die Klient*innen dabei unterstützen, körperliche und emotionale Zustände eigenständig zu regulieren
- Übungen zur Förderung der sozialen Kommunikation: Methoden zur Stärkung der Fähigkeit, wieder in sicheren sozialen Kontakt zu treten
Modul 4: Imagination und Stabilisierung
Das vierte Modul widmet sich Stabilisierungsübungen und der Arbeit mit Imaginationstechniken, um traumatisierten Personen bei der Verarbeitung belastender Erlebnisse zu helfen. Im Fokus stehen Methoden zur Selbstberuhigung und Distanzierung sowie Strategien für traumaspezifische Kriseninterventionen und den Umgang mit selbstschädigendem Verhalten.
Inhalte:
- Imaginationsübungen: Einführung und Anwendung von Imaginationsmethoden wie Tresore, innere Helfer, heilsames Singen und Malen zur Stabilisierung und Stärkung der inneren Sicherheit
- Bearbeitung von Schuld und Scham: Techniken zur achtsamen Annäherung und Bearbeitung dieser belastenden Emotionen
- Selbstberuhigungs- und Selbsttröstungstechniken: Praktische Übungen, die Klient*innen helfen, emotionale Anspannungen eigenständig zu regulieren
- Distanzierungs- und Kontrolltechniken: Methoden, um belastende Erinnerungen auf Abstand zu halten und wieder Kontrolle über das Erleben zu erlangen
- Traumaspezifische Krisenintervention und Notfallmaßnahmen: Vorgehen bei akuten Krisen, um Stabilität zu gewährleisten und eskalierende Situationen zu entschärfen
- Arbeit mit selbstschädigendem und suizidalem Verhalten: Sensibler Umgang und gezielte Interventionen bei Klient*innen mit selbstverletzendem oder suizidalem Verhalten
- Screen-Technik: Einführung in diese spezielle Methode zur Distanzierung und Bearbeitung traumatischer Inhalte
Modul 5: Beratungskonzepte und Methoden – Intensivseminar
Im fünften Modul werden umfassende Beratungskonzepte sowie Methoden zur Arbeit mit inneren Anteilen und Dissoziationen vermittelt. Die Teilnehmenden lernen tiefere Ebenen der therapeutischen und beratenden Arbeit kennen und erwerben spezifische Techniken zur Unterstützung von Klient*innen mit komplexen Persönlichkeitsanteilen und Bindungsstörungen.
Inhalte:
- Ego-State-Theorie: Einführung in das Konzept der Ich-Zustände und deren Bedeutung für die therapeutische Arbeit
- Arbeit mit inneren Anteilen: Methoden zur Identifikation, Ansprache und Integration innerer Persönlichkeitsanteile
- Persönlichkeits- und Es-Funktionen: Verständnis der inneren Struktur und Dynamik von Persönlichkeitsfunktionen in der Beratung
- Bindungsstörung und Kontaktfunktionen: Erkennen und Bearbeiten von Bindungsproblemen, Förderung von Kontaktfähigkeit und Beziehungskompetenz
- Arbeit mit dissoziativen Störungen: Techniken zur Stabilisierung und Integration bei Klient*innen mit dissoziativen Symptomen
- Tiefungsebenen in der Therapie und Beratung: Erarbeitung tieferer Ebenen des Erlebens, um Veränderungsprozesse zu fördern und zu begleiten
Modul 6: Selbstfürsorge und eigene berufliche Rolle
Im sechsten Modul steht die Selbstfürsorge und die Reflexion der beruflichen Rolle im Zentrum. Die Teilnehmer*innen lernen, ihre professionelle Haltung zu stärken, Strategien zur emotionalen Entlastung zu entwickeln und traumasensible Beziehungen achtsam zu gestalten. Zudem werden wichtige Themen wie Sekundärtraumatisierung und der Umgang mit belastenden Emotionen in der beruflichen Praxis behandelt.
Inhalte:
- Supervision als Selbstentlastung und Qualitätskontrolle: Bedeutung der Supervision für die eigene Psychohygiene und zur Sicherstellung der Beratungsqualität
- Reflexion der eigenen Erfahrungen und beruflichen Rolle: Auseinandersetzung mit der persönlichen Haltung und den Herausforderungen im beruflichen Kontext
- Professionelle Nähe und Distanz: Entwicklung einer gesunden Balance zwischen empathischer Nähe und notwendiger Distanz in der Arbeit mit traumatisierten Personen
- Traumasensible Beziehungsgestaltung: Gestaltung einer unterstützenden, sicheren therapeutischen Beziehung unter Berücksichtigung traumaspezifischer Faktoren
- Umgang mit Gefühlen von Ohnmacht, Wut, Angst: Erlernen von Techniken, um eigene belastende Emotionen zu erkennen und zu regulieren
- Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene: Sensibilisierung für diese Dynamiken und deren bewusste Nutzung im therapeutischen Prozess
- Prävention von Sekundärtraumatisierung: Strategien zur Vorbeugung eigener Belastung durch die Arbeit mit traumatisierten Personen
- Strategien der Entlastung: Entwicklung persönlicher Methoden zur Stressbewältigung und Förderung der Resilienz
Modul 7: Transgenerationale Traumatisierung
Das siebte Modul befasst sich mit transgenerationalen Traumatisierungen und deren Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen. Die Teilnehmenden erhalten Einblicke in unterschiedliche Methoden der Traumaexposition, um Klient*innen bei der Bearbeitung tiefsitzender Traumata zu unterstützen. Ein besonderer Fokus liegt auf kreativen und innovativen Ansätzen, die den therapeutischen Prozess bereichern.
Inhalte:
- Entwicklungstraumatisierungen: Verständnis der frühkindlichen Prägung durch belastende Erlebnisse und deren langfristige Folgen
- Transgenerationale Traumatisierung: Untersuchung der Weitergabe von traumatischen Erfahrungen über Generationen hinweg und mögliche therapeutische Ansätze
- Einblick in Traumaexpositionsmethoden:
- Brainspotting: Eine körper- und blickgelenkte Methode zur gezielten Verarbeitung von Traumata
- Bildschirmtechnik: Technik zur schrittweisen Annäherung und Distanzierung traumatischer Inhalte
- Exposition in musica: Einsatz von Musik zur emotionalen Annäherung und Bearbeitung belastender Erlebnisse
- Comic-Technik: Kreative Methode zur Darstellung und Verarbeitung traumatischer Erfahrungen durch narrative und visuelle Elemente
Modul 8: Sexualisierte Gewalt – Formen, Auswirkungen und traumasensible Interventionen
Das achte Modul widmet sich der sexualisierten Gewalt in ihren verschiedenen Formen und den daraus resultierenden Traumafolgen. Die Teilnehmer*innen lernen spezifische Konzepte und Methoden für die Arbeit mit Betroffenen sowie Ansätze zur Arbeit mit Paaren und Familien kennen. Zudem wird ein Einblick in Schutzkonzepte und die Täterarbeitgegeben.
Inhalte:
- Formen und Auswirkungen sexualisierter Gewalt: Überblick über unterschiedliche Formen von sexualisierter Gewalt und deren kurz- sowie langfristige psychische und soziale Folgen
- Arbeit mit Opfern sexualisierter Gewalt: Sensibler Umgang und gezielte Unterstützung von Betroffenen in unterschiedlichen Phasen der Verarbeitung
- Einblick in sexualtherapeutische Konzepte: Methoden zur Behandlung von Traumafolgen, insbesondere im Hinblick auf spätere Sexualität und Partnerschaft
- Traumasensible Arbeit mit Paaren und Familien: Entwicklung von Ansätzen zur Unterstützung von Paaren und Familien, die durch Traumata belastet sind
- Schutzkonzepte: Erstellung und Implementierung von Schutzmaßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt und zur Unterstützung Betroffener
- Täterarbeit: Einführung in Konzepte der Täterarbeit, um Verantwortung und Veränderung im Rahmen therapeutischer Maßnahmen zu fördern
Modul 9: Traumatherapie mit Kindern und Jugendlichen
Das neunte Modul konzentriert sich auf die Traumatherapie mit Kindern und Jugendlichen. Die Teilnehmer*innen erhalten fundiertes Wissen über die spezifischen Folgen traumatischer Erlebnisse in dieser Altersgruppe und lernen geeignete Interventionen kennen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Angehörigenarbeit sowie der Entwicklung und Umsetzung von Kinderschutzkonzepten.
Inhalte:
- Traumatologie mit Kindern und Jugendlichen: Einführung in die Besonderheiten der Traumafolgen in verschiedenen Entwicklungsphasen
- Folgen von Vernachlässigung und psychischer Gewalt: Auswirkungen auf die emotionale und soziale Entwicklung sowie geeignete therapeutische Ansätze
- Folgen sexualisierter Gewalt: Sensibler Umgang und therapeutische Begleitung betroffener Kinder und Jugendlicher
- Pränatale und postnatale Traumatisierungen: Verständnis der Auswirkungen früher Traumatisierungen auf die Bindungs- und Persönlichkeitsentwicklung
- Traumabewältigung von Kindern: Einführung in altersgerechte Methoden zur Stabilisierung und Verarbeitung von Traumata
- Kinderschutzkonzepte und Umgang mit Kindeswohlgefährdung: Entwicklung von Schutzkonzepten und rechtliche Grundlagen im Umgang mit Kindeswohlgefährdung
- Traumasensible Arbeit mit Kindern und Jugendlichen: Aufbau eines sicheren Rahmens für die therapeutische Arbeit mit jungen Klient*innen
- Angehörigenarbeit: Zusammenarbeit mit Eltern und Bezugspersonen zur Unterstützung der Kinder und Jugendlichen im Heilungsprozess
Modul 10: Traumatherapeutische und -pädagogische Arbeitsfelder
Das zehnte Modul bietet einen umfassenden Überblick über verschiedene Arbeitsfelder der Traumatherapie und Traumapädagogik. Die Teilnehmer*innen erhalten praxisnahe Einblicke in spezifische Anwendungsbereiche, lernen relevante juristische Rahmenbedingungen kennen und erarbeiten Methoden für die Begleitung von Menschen in akuten Krisensituationen.
Inhalte:
- Ausstiegsberatung bei häuslicher Gewalt: Unterstützung von Betroffenen beim Verlassen gewaltbelasteter Beziehungen und Aufbau sicherer Lebensumstände
- Krisenintervention: Sofortmaßnahmen und Stabilisierungstechniken in akuten Krisensituationen
- Arbeit mit Geflüchteten: Traumasensible Begleitung von geflüchteten Menschen unter Berücksichtigung kultureller und biografischer Besonderheiten
- Telefonseelsorge: Methodische Ansätze für die telefonische Beratung und Begleitung in akuten Notlagen
- Arbeit mit Kinder- und Jugendtraumatologie: Spezifische Interventionen zur Unterstützung traumatisierter Kinder und Jugendlicher
- Fonds Sexueller Missbrauch: Überblick über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten und Zugang zu Hilfsangeboten für Betroffene
- Juristische Handlungsfelder: Einführung in rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen im Kontext von Traumaarbeit, insbesondere im Bereich Kinderschutz und Opferhilfe
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